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Philippinische Professorin: Klarheit über Gesprächspunkte bei interreligiösem Dialog

23:55 - January 23, 2023
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TEHERAN (IQNA) – Eine philippinische Professorin weist auf die Wichtigkeit des interreligiösen Dialogs, der einen Diskursraum für alternative Perspektiven zur Verfügung stellt, hin, wobei sie anmerkt, dass die Gesprächspunkte in diesem Prozess klarsein sollten.

Mit dem Aufkommen des religiösen Extremismusses in den letzten Jahren betonen Experten die Notwendigkeit, interreligiösen Dialog als ein Mittel der Problemlösung und der Erreichung einer Gesellschaft, iin welcher die Leute friedlich miteinander leben, zu fördern.

Um weiter über dieses Thema zu diskutieren, hat IQNA mit Maria Bernadette L. Albrera, einer Professorin für Geschichte an der Universität Diliman (Philippinen) gesprochen. Im Moment ist sie die Dekanin des UP Colleges für Sozialwissenschaften und Philosophie, wo sie auch die Vorsitzende der Fakultät für Geschichte war. Sie hat verschiedene Fakultätsvorsitzpreise erhalten, wie den UP Centennial Professorial Chair (2018) und den UP Centennial Faculty Grant (2012). Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf Kulturgeschichte und das Erkenntnissystem der Einheimischen. Sie hat über das Glaubenssystem der Einheimischen, den Status der Frauen auf den vorkolonialen Philippinen und die traditionelle Bootsbautechnik geschrieben.

Im Folgenden lesen sie das Interview, das IQNA mit ihr geführt hat:

IQNA: In den letzten Jahren haben wir in verschiedenen Ländern und Gesellschaften eine Zunahme an religiösem Extremismus gesehen. Was ist, Ihrer Meinung nach, die Wurzel dieses Extremismusses unter den Anhängern der verschiedenen Religionen?

Abrera: Religion gibt eine Art kulturelle Identität und einen Sinn für soziale Zugehörigkeit. Die Ausübung der Religion ist ein soziales Gut, das mit positiven Ergebnissen wie Toleranz, Aufopferung oder Finden des Sinn des Lebens verbunden ist. Religiöser Extremismus, der auch mit religiösem Fundamentalismus ausgetauscht werden kann, ist negativ und mit einem negativen Ergebnis wie Vorurteile und Gewalt verbunden.

Religiöser Extremismus kann aufkommen, wenn die Dimension von Glaube und Zugehörigkeit von Gruppen mit einer radikalen Agenda zu politischen Zwecken verwendet wird. In diesem Sinn wird Religion verwendet, um politische Macht zu gewinnen.

 

IQNA: Einige glauben, dass interreligiöse Dialoge weitgehend soziale Spannungen in der Gesellschaft eliminieren und dem Eindringen extremen Verhaltens und extremer Handlungen von Anhängern verschiedener Religionen vorbeugen können. Was ist Ihre Meinung dazu?

Abrera: Der interreligiöse Dialog ist eine Herangehensweise, bei der Gläubige verschiedener Glaubensrichtungen in einer respektvollen und offenen Atmosphäre zusammenkommen können. Extremismus ist als ein Symptom von Entfremdung und eine Antwort auf eine Langzeitidee des Zum-Opfer-Werdens ohne Fluchtmöglichkeit aufgekommen.

Ideologische Märchen, die eine vereinfachte Lösung für wirtschaftliche und politische Ungleichheit bieten, sind vor allem für junge Leute, die immer idealistisch sind, attraktiv. Dialog, egal, ob er eine interreligiöse, interethnische oder andere Form hat, ist ein willkommenes Vehikel, um den anderen verstehen zu können und sich in dieser verschiedenartigen Gesellschaft von Mitmenschen einen Platz einzurichten.

Interreligiöser Dialog oder jede andere Form von Dialog öffnet einen Diskussionsraum, der alternative Perspektiven bietet. Es ist wichtig, die Visualisation des Anderen zu vermenschlichen.

 

IQNA: Was ist das größte Hindernis für die Formation des interreligiösen Dialogs in den verschiedenen Gesellschaften?

Abrera: Ich bin vielleicht nicht in der Lage, darauf zu antworten. Auf jeden Fall müssen für jede Art des erfolgreichen Dialogs die Gesprächspunkte klar sein. Was ist der Zweck des Dialogs, und über welche Themen wird diskutiert? Sind die Teilnehmer qualifiziert genug, um über diese Themen zu sprechen? Was repräsentieren sie? Was sind die Bedingungen für ein mögliches Ergebnis des Dialogs? Diese Punkte müssen vor Beginn klar sein, bevor ein Dialog gleich welcher Art beginnen kann.

 

IQNA: Ein Thema, das in den letzten Jahren viel diskutiert wurde, ist die Rolle der Frau bei der Herstellung von Frieden in der Gesellschaft. Welche Rolle, denken Sie, können Frauen bei der Bildung von Frieden in der Gesellschaft spielen?

Abrera: Frauen haben eine natürliche Neigung und Fähigkeit, menschliche Beziehungen zu schmieden. Mutterschaft, ob sie biologisch oder spiritual ist, ist von sich aus zum Frieden geneigt, weil sie in dem Wunsch nach Gutem und in dem Wunsch, das Leben blühen zu sehen, verwurzelt ist. Nach dem früheren Papst Johannes Paul II. verfügen Frauen über einen weiblichen Genius, wobei der Papst sich auf die besondere Fähigkeit der Frauen, eine freundlichere und angenehmere Umgebung zu schaffen, bezieht.

 

IQNA: Wie ist in Ihrem Land das Verhältnis zwischen den verschiedenen Religionen, vor allem zwischen Muslimen und Christen, und was unternehmen religiöse Führer, um Frieden zu schaffen?

Abrera: Auf den Philippinen gibt es zwischen Muslimen und Christen eine Atmosphäre der Akzeptanz und des Friedens. Ich habe dies persönlich erfahren, indem ich in einem überwiegend muslimischen Gebiet Feldforschung betrieben habe. Ich war während dieser Zeit viel in den Häuser von Muslimen aufgenommen worden. Es gibt viele religiöse und allgemeine Organisationen, die sich dem christlichen und muslimischen Dialog widmen. Dieses Thema wird auch viel in akademischen Studien diskutiert.

 

Das Interview führte Mohammad Hassan Goudarzi.

 

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