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Manipulation der palästinensischen Bevölkerung mit der zionistischen Politik der Familientrennung

15:54 - September 07, 2023
Nachrichten-ID: 3008987
Gaza (IQNA)- Ab 2022 müssen Palästinenser, die aus Gaza reisen, ein Formular unterzeichnen, dass ihnen die Wiedereinreise in das Westjordanland nur unter „seltenen humanitären“ Umständen gestattet wird. Experten bezeichnen diese Trennung palästinensischer Familien als eine Art zionistische Politik der Manipulation der palästinensischen Bevölkerung.

Laut Ink Stick Media ließ die 48-jährige Palästinenserin Salma Safi aus Nablus im Westjordanland 2002 ihre Eltern, Geschwister und Freunde in ihrer Heimatstadt zurück und zog nach Gaza, um bei ihrem Ehemann Ibrahim, einem jungen Mann aus Gaza zu leben. Aufgrund der strengen Beschränkungen der palästinensischen Bewegungsfreiheit in Israel besuchte sie ihre Familie im Westjordanland nur selten.

Safi hatte recht. Sie konnte nur unter bestimmten humanitären Umständen von Gaza ins Westjordanland reisen, etwa bei Krankheit, Tod oder der Hochzeit eines Verwandten ersten Grades. Aber auch diese eingeschränkten Reiserechte wurden in letzter Zeit verletzt.

Seit 2008 als die Hamas, von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union als Terrorgruppe eingestuft, schränkten die israelischen Behördebn Besuche bei Menschen mit dringendem medizinischem und humanitärem Bedarf,  Unternehmer, Mitglieder externer Organisationen und Einzelpersonen, die ein Stipendium oder eine Arbeitserlaubnis außerhalb des Gazastreifens erhalten ein. Die Hamas gewann 2008 die Parlaments-Wahl in Palästina.

Jetzt kann Selma kaum noch reisen, um ihre kranke Mutter und ihre Geschwister zu besuchen. Denn letztes Jahr, als sie von einem Besuch im Westjordanland nach Gaza zurückkehrte, unterzeichnete sie ein Formular, das ihr israelische Beamte an der Grenze aushändigten. Das Formular mit dem Titel „Erklärung zur Siedlung in Gaza“ war für Salma unverständlich, da es auf Hebräisch geschrieben war. In dem Dokument heißt es, dass palästinensischen Bewohnern des Westjordanlandes, die dauerhaft nach Gaza umsiedeln die Wiedereinreise in das Westjordanland nur unter „seltenen humanitären“ Umständen gestattet wird.

Die Grenzbeamten weigerten sich Salma das Formular zu erklären und sagten ihr, dass sie die Stadt nicht betreten und zu ihrem Mann und ihren Kindern zurückkehren dürfe, bis sie das Dokument unterschreibe. Also unterschrieb sie das Dokument. Seitdem ist es ihr verboten, ins Westjordanland zu reisen, wo sie die ersten 23 Jahre seines Lebens verbracht hatte.

 

Rückkehr ins Westjordanland nicht möglich

Laut Heba al-Danaf, der Anwältin der Aisha Women and Children Support Association, wurden nach der Belagerung des Gazastreifens durch das zionistische Regime im Jahr 2007 fast 80 Palästinenser im Westjordanland, die ihre Familien im Westen besuchen wollten gezwungen, ein Abkommen zu unterzeichnen, das es den zionistischen Behörden ermöglicht, ihnen das Recht auf Rückkehr ins Westjordanland zu verweigern.

Nach der ersten Umsetzungsrunde des Dokuments im Jahr 2009 und nach mehreren Jahren der Aussetzung begannen die israelischen Behörden 2021 mit der Umsetzung der Richtlinie wieder.

Laut Al-Danaf bestätigt ein Palästinenser trotz der Tatsache, dass in seiner Geburtsurkunde das Westjordanland als Wohnort angegeben ist mit seiner Unterschrift, dass Gaza sein ständiger Wohnsitz und der seiner Kinder sein wird und gleichzeitig das zionistische Regime nicht an den Umstand gebunden, dass eine in Gaza ansässige Person einen Antrag auf Rückkehr in das Westjordanland stellt und angenommen wird.

 

Manipulation der palästinensischen Bevölkerung mit der zionistischen Politik der Familientrennung

 

Sie stellte klar, dass dieses Dokument jedem Palästinenser mit einer Id-Karte vorgelegt wird, der im Westjordanland lebt und versucht nach Gaza einzureisen einschließlich palästinensischer Frauen, die ursprünglich aus dem Westjordanland stammen aber jetzt in Gaza leben nachdem sie Männer aus Gaza heirateten.

Die Anwaltin fuhr fort: „Die meisten, die dieses Dokument unterzeichneten sind Frauen, weil das israelische Regime versucht mit ihren Emotionen zu spielen und ihre dringenden Bedürfnisse ins Westjordanland zu reisen, oder nach Gaza zurückzukehren auszunutzen, um sie zur Unterschrift zu zwingen. Wer die Unterschrift verweigert darf den Grenzübergang Beit Hanoun nicht passieren!“

Salma besiuchte ihre Familie im Westjordanland in den letzten 23 Jahren nur zweimal: 2011 als sich der Gesundheitszustand ihrer Mutter verschlechterte und 2021 als sich ihr ältester Bruder einer Operation am offenen Herzen unterzog. Sie konnte weder an der Beerdigung ihres Vaters im Jahr 2008 noch an der Hochzeit ihres Bruders im Jahr 2016 teilnehmen da ihre Reiseerlaubnis ohne Angabe von Gründen verweigert wurde.

Nach der Unterzeichnung des Dokuments im Jahr 2022 reichte Safi über Gisha, einer gemeinnützige Organisation in Tel Aviv, die sich der Unterstützung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser insbesondere in Gaza widmet einen Antrag auf Rückkehr ins Westjordanland ein. In der Anfrage hieß es: Meine Kinder wollten unbedingt die Familie ihrer Mutter sehen und ich wollte dass sie ein anständiges Leben abseits der häufigen Kriege führen und in Zukunft einen anständigen Job finden. Doch ihr Antrag wurde abgelehnt.

Laut al-Danaf gilt die Politik der Zwangsabschiebung gegen Frauen im Westjordanland als Kriegsverbrechen und Verstoß gegen das Völkerrecht. Der Anwalt verwies insbesondere auf die Genfer Konvention, Artikel 47, der besagt, dass Menschenrechte und humanitäre Fragen auch in besetzten Gebieten weiterhin geschützt werden müssen.

 

Richtlinien zur Familientrennung

Laut dem Politikexperten Mustafa Ibrahim spiegelt die Ankündigung von Siedlungen in Gaza Israels „Isolationspolitik“ gegenüber Gaza, dem Westjordanland, Jerusalem und den besetzten Gebieten im Jahr 1948 wider.

Ibrahim sagte: Seit den 1990er Jahren und nach der ersten palästinensischen Intifada im Jahr 1987 schränkten die israelischen Behörden die Bewegung der Palästinenser innerhalb der palästinensischen Gebiete ein.

Vor der ersten Intifada konnten Palästinenser frei zwischen dem Westjordanland, Gaza und anderen besetzten palästinensischen Gebieten reisen. Danach verlangten die israelischen Behörden jedoch die Einholung persönlicher Ein- und Ausreisegenehmigungen.

Ibrahim stellte klar: Da das zionistische Regime die Registrierung palästinensischer Zivilangelegenheiten kontrolliert stellte die Regierung von Tel Aviv die Aktualisierung der Adressen von Palästinensern aus Gaza ein, die seit den 1990er Jahren in das Westjordanland gezogen sind. Dies hat zur Folge, dass Paare, die ursprünglich aus dem Westjordanland stammen aber mit jemandem aus Gaza verheiratet sind oder Paare, die ursprünglich aus Gaza stammen aber jetzt im Westjordanland leben und arbeiten ihren Ehepartnern und Kindern nicht ins Westjordanland nachziehen können.

Ibrahim betrachtet dies als eine Politik der gezielten Bevölkerungssteuerung und Segregation.

Derzeit leben mehrere tausend Familien in Gaza, die nicht zu ihren Familien im Westjordanland nachziehen können.

Ibrahim sagte, dass das Ziel seit der Gründung des zionistischen Regimes darin besteht, seine Grenzen zu erweitern, indem Siedlungen im Westjordanland vergrößert, Zahl der Palästinenser dort verringert und diese Siedlungen dem besetzten Palästina angegliedert würden.

 

Manipulation der palästinensischen Bevölkerung mit der zionistischen Politik der Familientrennung

 

Gewaltsam getrennte Familien

Im Gegensatz zu Safi hat der 43-jährige Ola al-Baqa das Glück im Mai 2023 endlich in das Westjordanland zurückkehren zu können, obwohl sie 2021 eine Siedler-Erklärung in Gaza unterzeichnen musste um in den Gazastreifen einreisen zu dürfen

Al-Baqa wurde in Nablus im Westjordanland geboren und verbrachte dort 23 Jahre. 2003 heiratete sie einen Einwohner aus Gaza. Daraufhin zog sie nach Gaza und blieb dort 20 Jahre lang. Im Laufe der Jahre durfte sie ihre Familie bei mehreren humanitären Anlässen besuchen unter anderem im Jahr 2021, als sie an der Beerdigung ihres an Krebs verstorbenen Bruders teilnahm.

Als sie auf dieser Reise nach Gaza zurückkehrte sagte ihr der Grenzschutzbeamte am Grenzübergang Beit Hanoun: Entweder kehren Sie gemäß der Adresse auf Ihrem Personalausweis in das Westjordanland zurück oder Sie unterschreiben ein Formular in dem bestätigt wird, dass Sie Ihre Adresse nach Gaza ändern.

Al-Baqa war fassungslos und konnte einige Minuten lang nicht sprechen und wusste nicht was sie tun sollte. Sie musste sich plötzlich zwischen ihrem Mann und Kinder in Gaza oder ihrer Mutter und Geschwister in Nablus entscheiden. „Ich musste meine Familie in Gaza auswählen weil einer meiner Söhne das Down-Syndrom hat und mich braucht.“

Im November 2022 stellte al-Baqa einen Antrag auf Rückkehr ins Westjordanland mit ihren Kindern und der Antrag wurde nach sechs Monaten angenommen.

Geisha warnte jedoch davor dass al-Baqas Ehemann, der als Einwohner von Gaza aufgeführt ist sie und seine Kinder möglicherweise selbst unter humanitären Bedingungen nicht im Westjordanland sehen darf da Israel befürchte dass sie sich irgendwann dazu entschließen könnte sich dort niederzulassen.

Al-Baqa musste nach Nablus zurückkehren, um für ihre Kinder zu sorgen insbesondere für ihren Sohn mit besonderen Bedürfnissen. Das Westjordanland unterstützt sie mehr als Gaza.

Sie sagte: Ich musste getrennt von meinem Mann leben um meinen Kindern einen sicheren Raum zu bieten. Aber es war unfair mich von meiner Familie zu trennen. Ich bin mit meinen Kindern in Nablus während mein Mann in Gaza ist. Meine Kinder brauchen ihren Vater an ihrer Seite.

Übersetzt ins Persische von Mohammad Hasan Gudarzi

Übertragen vom Persischen ins Deutsche von Stephan Schäfer

 

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