IQNA

US-Journalist:

Tödliche Schießereien und Kopftuch-Verbot: Zwei Seiten der Rassenproblematik in Frankreich

14:33 - September 26, 2023
Nachrichten-ID: 3009099
Die New York Times verweist auf die rassistischen Herausforderungen, mit denen in Frankreich lebende Muslime und Einwanderer konfrontiert sind. Er beschrieb die tödlichen Schießereien und das Kopftuch-Verbot als zwei Seiten der Medaille der Rassenproblematik in diesem Land.

Laut IQNA unter Berufung auf Arabic 21 veröffentlichte die Zeitung New York Times einen Bericht ihrer Reporterin Catherine Porter, in dem sie über die Geschichte  französischen Staatsbürgerin Mama Diakit spricht, die in einem Vorort von Paris als Tochter von Einwanderereltern geboren und aufgewachsen ist. In der Nähe ihres Ortes wurde von der Polizei letzten Dienstag ein 17-Jähriger (Nael Al-Marzooqi) erschossen.

Als in ihrer Nachbarschaft Autos brannten und durch Schüsse Barrikaden errichtet wurden, erhielt Diaquit vom höchsten Verwaltungsgericht des Landes eine Entscheidung, dass sie Frankreichs beliebteste Sportart nämlich Fußball nicht ausüben dürfe, wenn  sie das Kopftuch trägt, heißt es in dem Bericht.

Am Donnerstag bestätigte der Staatsrat ein vom französischen Fußballverband verhängtes Verbot des Tragens sichtbarer religiöser Symbole im Einklang mit dem etablierten Grundsatz des Säkularismus im Staat.

Die Entscheidung löste bei Diakit einen Sturm der Gefühle aus: Schock, Wut und Enttäuschung. Die 25-jährige Diakit, die letzte Saison mit dem Fußballspielen für ihre Vereinsmannschaft aufhörte sagte: Ich bin enttäuscht von dem Land, das das Land der Menschenrechte sein sollte. Ich fühle mich nicht sicher weil sie mich nicht akzeptieren.

In einem anderen Teil des Berichts der New York Times heißt es: Die gleichzeitige Verkündung des Gerichtsurteils und die Unruhen nach dem Tod von Nael al-Marzooqi waren völlig zufällig und in vielerlei Hinsicht waren die Fälle unterschiedlich. In einem ging es um eine tödliche Polizeischießerei, die die französischen Behörden verurteilten und im anderen ging es um eine bedeutungsvolle Diskussion über den Aufstieg des Islam in der französischen Gesellschaft. Aber beide beziehen sich auf seit langem bestehende Fragen der Identität und Integration von Ausländern in Frankreich.

Die Schießerei der Polizei wurde in französischen Medien zunächst als Selbstverteidigung beschrieben, doch ein später veröffentlichtes Video zeigte wie ein Beamter von der Seite eines Autos aus auf ihn schoss als er davonfuhr.

Die Zeitung schreibt, dass Nael obwohl französischer Staatsbürger ist, algerischer und marokkanischer Abstammung ist und viele Minderheiten, die in ärmeren Gegenden des Landes leben, glauben, dass die Polizei nicht einmal einen jungen weißen Mann erschossen hätte, der in einem Luxusviertel in Paris lebte wenn, wie Nael al-Marzouki, nur geringfügige Verkehrsverstöße vorliegen.

Ein Beamter im Büro von Präsident Emmanuel Macron wies jedoch entschieden die Vorstellung zurück, dass es sich um eine Doppeldelikt der Polizei gegenüber den Franzosen gehandelt habe und behauptete, dass das, was getan wurde, die Tat eines einzelnen Mannes und nicht der Polizeiorganisation sei. Er fügte hinzu: Die heutige Polizei ist sehr gemischt, vielfältig und spiegelt die Struktur der französischen Gesellschaft wider.

In den letzten Jahren haben Studien das Ausmaß der Rassendiskriminierung in Frankreich, insbesondere bei der Polizei, gezeigt, dass im Jahr 2017 eine Untersuchung der französischen Bürgerrechtsunion ergab, dass junge Menschen, die schwarz oder arabisch sind 20-mal häufiger einer polizeilichen Identitätskontrolle unterzogen werden als der Rest der Bevölkerung.

In diesem Zusammenhang forderte der Sprecher des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte Frankreich auf, „die tiefgreifenden Probleme von Rassismus und Diskriminierung bei der Strafverfolgung anzugehen“. Ein Sachverhalt den das französische Außenministerium als unbegründete Anschuldigung bezeichnete und behauptete die französische Polizei kämpfe entschieden gegen Rassismus und jede Art von Diskriminierung.

Dies trotz der Tatsache, dass die Diskussion über Rassenfragen in Frankreich strengstens verboten ist, da sie den Gründungsidealen der Republik widerspricht, wonach alle Menschen die gleichen universellen Rechte haben und somit auch gleich behandelt werden sollten. Julien Talpin, ein Soziologe am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung, der Diskriminierung im ländlichen Frankreich untersucht, glaubt, dass die Diskussion über Rassismus das Problem nur noch verschärft.

Er fuhr fort: „Es ist eine seltsame Position, dass die beste Lösung des Problems darin besteht, nicht darüber zu sprechen, aber das ist der vorherrschende Konsens in der französischen Gesellschaft.“ Die Folge ist, dass sich viele Minderheiten doppelt bestraft fühlen.

Der Soziologe Fabian Truong glaubt dass viele Vorstadtbewohner still und leise ihren Platz in Frankreich finden. Für sie, sagt er, funktioniert das „republikanische Versprechen“ der Gleichheit größtenteils, da sie eine höhere Bildung und bessere Jobs erhalten haben und aus den Vororten wegziehen konnten und sich als Teil des Mainstreams fühlten.

Andere hingegen fühlen sich regelmäßig angegriffen und verbringen Nächte im Gefängnis nur, weil sie keinen Personalausweis haben. Dabei ist das Mitführen eines Personalausweises Pflicht aber niemand hat seinen dabei. Wenn Sie Ihren Ausweis nicht dabei haben können Sie tatsächlich dafür verhaftet werden, wobei Sie jedoch wissen, dass dies nicht geschieht.

In einem anderen Teil des Berichts der New York Times heißt es: Theoretisch zielt das Prinzip des Säkularismus des Landes, das nach der Revolution von 1789 entstand, um die römisch-katholische Kirche aus Staatsangelegenheiten herauszuhalten darauf ab sicherzustellen dass der Staat keine Religion fördert. Und Es steht jedem frei die Religion zu wählen die er möchte. Kritiker sagen jedoch, dass das Thema manchmal als Waffe eingesetzt wird um Muslime insbesondere verschleierte Frauen aus dem öffentlichen Leben auszuschließen.

Auf dieser Grundlage verbat der französische Fußballverband weiblichen Spielern an Spielen teilzunehmen, wenn sie Kopftuch oder andere religiöse Symbole tragen. Doch eine Gruppe junger muslimischer Spielerinnen verschiedener Mannschaften, die das Kopftuch tragen, reichte 2021 Klage gegen das Urteil ein und argumentierten, dass das Gesetz diskriminierend ist und muslimische Frauen vom Sport ausschließe.

Dabei bestätigte der Fachberater des Obersten Verwaltungsgerichts des Landes dass der Fußball voller religiöser und politischer Symbole ist, wie viele Spieler, die das Kreuzzeichen machen bevor sie das Spielfeld betreten.

Trotz der Kritik sagte der französische Innenminister Gérald Daronin, der den Kampf der Regierung zur Ausrottung islamischer Institutionen, die er als separatistisch bezeichnet, anführt in einer Radiosendung letzter Woche, dass es ein sehr schwerer Schlag für der Grundsatz der Französischen Republik wäre wenn Fußballerinnen ein Kopftuch tragen dürften.

In einer solchen Atmosphäre glaubt Diakit, die jetzt nur zum Spaß mit ihren Freunden mit ihrem Kopftuch spielt, dass das Urteil eher von einer politischen Ideologie als von Tatsachen beeinflusst ist.

 

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